A model of a hyperelastic body via hyperbolic conservation laws and lower semicontinuity of a matrix kinetic energy functional

  • Ein Modell eines hyperelastischen Körpers mittels hyperbolischer Erhaltungsgleichungen und Unterhalbstetigkeit eines matriziellen Kinetische-Energie-Funktionals

Lotterstedt, Stefan; Westdickenberg, Michael (Thesis advisor); Noelle, Sebastian (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2022)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2022

Kurzfassung

Die kompressiblen isentropen Euler-Gleichungen sind ein System von hyperbolischen partiellen Differentialgleichungen in Abhängigkeit von Zeit und Raum, die die Dynamik eines gegebenen kompressiblen Fluids wie eines (idealen) Gases modellieren, wobei der Einfachheit halber angenommen wird, dass die Entropie in Zeit und Raum konstant ist. In "A variational time discretization for compressible Euler equations" (Cavalletti, Sedjro, Westdickenberg; 2019) ([CSW19]) haben die Autoren gezeigt, dass maßwertige Lösungen dieses Systems im distributionellen Sinn für beliebige räumliche Dimensionen und für beliebige Anfangsdaten existieren (siehe Theorem 1.8 dort). Im ersten Teil dieser Arbeit untersuchen wir eine modifizierte Version dieses Systems, das wiederum ein Satz von hyperbolischen Differentialgleichungen ist. Wir modellieren nicht mehr eine Flüssigkeit, sondern bewegte Objekte: Betrachten wir z. B. ein Objekt im Universum, das ein Schwarzes Loch passiert und dabei verzerrt wird (dieser Effekt wird als Spaghettifizierung bezeichnet, da der Teil des Objekts, der sich näher am Schwarzen Loch befindet, stärkeren Gravitationskräften ausgesetzt ist als die weiter entfernte Seite) sowie eine Geschwindigkeitsänderung und damit eine Änderung der kinetischen Energie. Wir betrachten hyperelastische Materialien, d. h. das Objekt kehrt in seinen ursprünglichen Zustand zurück, wenn keine Kräfte einwirken. Wir ziehen uns auf diesen Fall zurück, da die Dynamik solcher Objekte in der Elastizitätstheorie eingehend untersucht worden ist. Mathematisch gesehen führt diese Änderung der Einstellung notwendigerweise zu einer (vernünftigen) Beschränkung auf die räumliche Dimension d < 4 und zu einer neuen inneren Energie des hyperelastischen Materials, die die Spannungen und Dehnungen speichert, die es in Form seines so genannten Deformationsgradienten erfährt. Eine gute Wahl für das neue interne Energiefunktional ist durch die Elastizitätstheorie motiviert und ein Spezialfall der sogenannten Formänderungsnergiefunktionen, die in "On the convexity of Nonlinear Elastic Energies in the Right Cauchy-Green Tensor" (Yang, Neff, Roventa, Thiel; 2017) untersucht wurden. Wie in [CSW19] konstruieren wir Lösungen des modifizierten Systems, indem wir die Zeitvariable diskretisieren und in jedem Zeitschritt ein Optimal-Transport-Problem lösen, indem wir die Summe des sogenannten minimalen Arbeitsfunktionals plus der internen Energie des Materials am Ende des gegebenen Zeitschritts minimieren, um eine obere Abschätzung der Gesamtenergie des hyperelastischen Materials zu erhalten. Nachdem man auf diese Weise diskrete Näherungslösungen des Systems erhalten hat, kann man durch konvexe Interpolation der diskreten Näherungslösungen, wie in [CSW19] und in "Minimal acceleration for the multi-dimensional isentropic euler equations" (Westdickenberg; 2020) vorgestellt, die Existenz exakter maßwertiger Lösungen für beliebige Anfangsdaten nachweisen. In [CSW19] konstruieren die Autoren eine Folge von Näherungslösungen (\rho_\tau,u_\tau)_\tau, \tau > 0, der Euler-Gleichungen, wobei jedes \rho_\tau ein endliches, nicht-negatives Borel-Maß ist, das die Massenverteilung modelliert, und jedes u_\tau ein \R^d-bewertetes Vektorfeld ist, das quadratisch-integrabel in Bezug auf \rho_\tau ist und die Geschwindigkeitsverteilung des Fluids modelliert. Betrachten wir die approximative Folge des Impulses \left(m_\tau:=\rho_\tau u_\tau\right)_\tau, die eine Folge von \R^d-wertigen Borel-Maßen ist, die absolut stetig bezüglich \rho_\tau sind. Da die Euler-Gleichungen insbesondere die Dynamik des Impulses des Fluids modellieren, ist es von Bedeutung, die Struktur der Folge im Grenzwert im folgenden Sinne zu bewahren: Nehmen wir an, dass (m_\tau)_\tau schwach gegen ein Grenzmaß m für \tau -> 0 konvergiert. Wenn wir eine gleichmäßige Schranke für die kinetische Energie der Folge von Näherungslösungen voraussetzen (die, mathematisch gesprochen, eine gleichmäßige Schranke für die L^2(\rho_\tau)-Norm der Vektorfelder u_\tau ist), dann gilt m=:\rho u für ein geeignetes Borel-Maß \rho und ein Geschwindigkeitsfeld u, wobei (\rho,u) die maßwertige Lösung der Euler-Gleichungen ist. Ein wesentlicher Bestandteil des Beweises ist die Unterhalbstetigkeit des Funktionals (\rho,m=\rho u) |-> \|u\|_{L^2(\rho)} bezüglich schwacher Konvergenz. Im zweiten Teil der Arbeit übertragen wir dieses Ergebnis auf ein neues Setting: Wenn man das oben erwähnte Minimierungsproblem (minimales Arbeitsfunktional plus innere Energie des Fluids) in ein Sattelpunktproblem umwandelt, ergeben sich auf natürliche Weise \R^{d x d}-wertige Borelmaße, d. h. \R^{d x d}-wertige Abbildungen, bei denen jede Komponente ein signiertes, endliches Borelmaß ist. Wir ersetzen die reellwertigen Borelmaße \rho_\tau durch \R^{d x d}-wertige Borelmaße M_\tau, die \R^d-wertigen Geschwindigkeitsfelder u_\tau durch \R^{d x d}-wertige Felder F_\tau und die L^2(\rho_\tau)-Norm durch die noch zu definierende L^2(M_\tau)-Norm. Aufgreifen des Konzepts einer Matrixversion des Radon-Nikodým-Theorems in "The square-integrability of matrix-valued functions with respect to a nonnegative Hermitian measure" (Rosenberg; 1964), indem man P_\tau:=F_\tau M_\tau in geeigneter Weise definiert, wird P_\tau tatsächlich zu einer Folge von \R^{d x d}-wertigen Borel-Maßen. Ähnlich zum vorherigen Fall erhalten wir Unterhalbstetigkeit bezüglich schwacher Konvergenz des Funktionals (F,P: =FM) |-> \|F\|_{L^2(M)} und unter der Voraussetzung, dass die L^2(M_\tau)-Norm der Folge (F_\tau)_\tau gleichmäßig beschränkt ist, ist das Grenzmaß P einer schwach konvergenten Folge (P_\tau:=F_\tau M_\tau)_\tau absolut stetig im Matrixsinne, d. h. es gilt P=FM für eine geeignete \R^{d x d}-wertige Funktion F und ein \R^{d x d}-wertiges Borel-Maß M. Im zweiten Teil des Kapitels präsentieren wir eine äquivalente Formulierung schwach konvergenter Folgen (M_\tau,F_\tau M_\tau)_\tau |-> (M,FM) für \tau -> 0.

Einrichtungen

  • Fachgruppe Mathematik [110000]
  • Lehrstuhl für Mathematik (Analysis) [111810]

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